Wie berechtigt ist die Forderung des Menschenrechtsgerichtshofs nach Navalnys Freilassung?http://www.hart-brasilientexte.de/2021/02/17/nawalny-der-putin-palast-und-der-krim-bauboom/

Wie berechtigt ist die Forderung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR), Navalny freizulassen? Die Antwort gibt ein Blick in das Schreiben des Gerichts.
In der Sendung russischen “Nachrichten der Woche” hat der Moderator Kisseljow ein Nachwort zu Navalny und zu der Forderung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte, Navalny freizulassen, gesprochen. Bevor wir zu der Übersetzung des Kommentars kommen, kurz zu der Forderung des EGMR.
Die westliche Presse vermittelt den Eindruck, dass die Forderung nach Navalnys Freilassung berechtigt wäre und dass das böse Russland eine bindende Gerichtsentscheidung ignoriert. Ein Blick in das Schreiben des Gerichtshofes und seine Begründung ist da hilfreich. Der Gerichtshof beruft sich in seiner Forderung auf Artikel 39 seiner Verfahrensordnung. Der Artikel lautet:
“Die Kammer oder gegebenenfalls ihr Präsident kann auf Antrag einer Partei oder jeder anderen betroffenen Person sowie von Amts wegen gegenüber den Parteien vorläufige Maßnahmen bezeichnen, die im Interesse der Parteien oder eines ordnungsgemäßen Verfahrensablaufs ergriffen werden sollten.”
“Ergriffen werden sollten.” Es ist keine bindende Anweisung, sondern eine Empfehlung und Empfehlungen sind nicht bindend. Ich habe das nur der Vollständigkeit halber hier verlinkt, damit es jeder nachprüfen kann, denn es ist Thema in dem russischen Kommentar, den ich übersetzt habe.
Beginn der Übersetzung:
Die Vorgänge um Navalny brauchen noch ein Nachwort. Einige Punkte sind es wert, geklärt zu werden. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat die sofortige Freilassung Navalnys gefordert. Ein entsprechendes Papier datiert auf den 17. Februar haben sie geschicht.
Ich habe persönliche Erfahrungen mit dem Europäischen Gerichtshof. Als ich vor einigen Jahren eine Klage zur Aufhebung der persönlichen Sanktionen gegen mich eingereicht habe – ich war der erste Journalist, der unter europäische Sanktionen gestellt wurde -, durfte ich nicht vor dem Gericht sprechen und nicht einmal an der Verhandlung teilnehmen, wodurch mein Recht auf Verteidigung grob verletzt wurde. Das Gericht in Luxemburg hat in Abwesenheit eine rein politische Entscheidung getroffen und die Sanktionen gegen mich bestätigt, das war alles.
Die europäische Justiz trifft weiterhin politisch motivierte Entscheidungen. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat, ohne sich auf europäisches oder russisches Recht zu beziehen, von unserem Land einfach gefordert, Navalny freizulassen: “Am 16. Februar 2021 haben die sieben Richter der Kammer im Interesse der Parteien und eines ordentlichen Verfahrens beschlossen, Russland gemäß Artikel 39 der Verfahrensordnung anzuweisen, den Beschwerdeführer freizulassen.”
“Russland anzuweisen.” Mit welchem Recht geben sei Russland Anweisungen? Das ist eine offene Einmischung in unser Justizsystem. Navalny wurde von einem russischen Gericht nach russischem Recht verurteilt. Der Europäische Gerichtshof hat nicht das Recht, das Urteil zu kippen und er hat nicht das Recht, Entscheidungen im Falles Navalny zu treffen. Die Einmischung selbst bestätigt nur, dass die Europäische Union für ihren Agenten kämpft ist und sogar bereit ist, sich nur auf das Recht zu berufen, Anweisungen zu geben. Das ist Artikel 39 ihrer Verfahrensordnung, in dem es keine Bezugnahme auf juristische Argumente gibt. Damit ist klar, warum der russische Justizminister Konstantin Tschobychenko die Forderungen des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte als “offensichtlich nicht durchsetzbar” bezeichnet und gesagt hat, dass es “keine Rechtsgrundlage” gebe, die europäische Anweisung zu befolgen. Das hätten wir also geklärt.
Aber da der Fall Navalny jetzt ein Zwischenergebnis hat, sollte man – wie es überall üblich ist, vom Sport bis zum Management – zurückschauen und die Zwischenergebnisse zusammenfassen und sie mit den gesetzten Plänen und Erwartungen abgleichen.
Deutschland – das übrigens gerade zugegeben hat, ihr Patient mit den deutschen Geheimdiensten zu tun hatte – hat den Saboteur Navalny in der Erwartung nach Russland geschickt, dass der als Anführer nach Hause zurückkehrt. Tatsächlich zeigte Nawalny unkontrollierte Hysterie, mit der er sich törichterweise seiner politischen Zukunft beraubt hat, indem er selbst vor Gericht den Veteran weiter öffentlich beleidigt hat. (Anm. d. Übers.: Die Bundesregierung gerade in der Beantwortung einer kleinen Anfrage zum Thema Navalny die Antworten mit Verweis auf Staatsgeheimnisse verweigert, womit sie eine Verbindung westlicher Geheimdienste zu Navalny bestätigt hat)
Es ist das Eine, wie ein Papagei Texte abzulesen, die ihm vom Ausland geschrieben wurden, aber es ist etwas anderen, im eigenen Saft und ohne äußere Einflüsterer aufzutreten.
Die Feier des Sieges über den Faschismus hält Navalny für “Unsinn” und die Militärparade im letzten Sommer – diese großartige Zeremonie der militärischen Ehre der Sieger – hat er eine “Dummheit” genannt. Diese Verachtung zeigte er auch im Prozess gegen den Veteranen Ignat Artemenko, als er abfällig über dessen Verdienste im Krieg gesprochen hat und meinte, die Auszeichnungen wären ihm “angehängt” worden.
Mit der Weigerung, die Verleumdungen und Beleidigungen zu bereuen, hat sich Navalny als Politiker einfach selbst erledigt. Da der Fokus in den letzten Wochen auf Navalny lag, sind auch seine früheren Strafverfahren, die seine diebische Natur zeigen, wieder in Erinnerung gekommen.
Der heutige “Berliner Patient” erhielt die erste Bewährungsstrafe, weil er seinen Status als Beraters eines Gouverneurs, das heißt, nachdem er Teil einer Regionalregierung war, ausgenutzt hat, um das Staatsunternehmen Kirovles zu plündern. Er zwang es, ihm Holz unter dem Marktpreis zu verkaufen und hat sich so bereichert. Der Direktor von Kirovles, der das staatliche Eigentum verschenkt hatte, wurde strafrechtlich belangt und Navalny bekam eine Bewährungsstrafe.
Seine nächste kriminelle Episode: Ein Franzose, der Leiter der Repräsentanz des französischen Unternehmens “Yves Roche Vostok”, Bruno Lepru, erstattete bei den zuständigen Behörden Anzeige wegen Betrug. Die Figuranten des kriminellen Plans, dieses Mal ging es um dutzende Millionen Rubel, waren die Navalny Brüder. Das Gericht verhängte eine weitere Bewährungsstrafe. Sein kriminelles Talent ist offensichtlich.
Ein weiterer Fall entsteht gerade, es geht um die Veruntreuung von Spenden, die Navalny in seinen Fonds, einschließlich des Anti-Korruptionsfonds, gesammelt hat. Er hat bereits Hunderte von Millionen Rubel für seine persönlichen Bedürfnisse ausgegeben, nicht für die der Öffentlichkeit erklärten Ziele. (Anm. d. Übers.: Es geht dabei um ca. 4 Millionen Euro, deren Verwendung Navalny nicht nachweisen kann)
Navalny mag Geld. Zum Beispiel kann man das Konto des Nawalny-Fonds, mit dem er um Spenden in Bitcoins bittet, öffentlich einsehen. Insgesamt hat er 658 Bitcoins bekommen und ungefähr die gleiche Menge abgehoben. Nach aktuellem Kurs hat Navalny in der Zeit mehr als 2,5 Milliarden Rubel (etwa 27 Millionen Euro) erhalten. Und da die Presse über die Urlaubsreisen von Navalny im Jahr vor der Pandemie berichtet hat, wissen wir von der Moscow News, dass er in dem Jahr in Ägypten, Italien, Lettland, Ungarn, Polen, Deutschland, den USA, Österreich und Spanien war… Das ist eine schöne Tournee.
Und noch ein Detail. Die gleiche Zeitung fand heraus, dass die größten anonymen Geldflüsse auf dem Bitcoin-Konto von Navalny nach den Veröffentlichungen seiner “Untersuchungen” eingegangen sind, sozusagen als Bezahlung. (Anm. d. Übers.: Das ist wahr und jeder kann es leicht überprüfen, wie ich hier aufgezeigt habe. Auch Leser haben das bereits getan und mir per Email darüber geschrieben)
Und noch etwas. Wenn die Anhänger Navalnys nun vom Westen fordern, Sanktionen gegen Russland zu verhängen und sogar Namenslisten erstellen, ist jedem hier klar, dass das ein Aufruf ist, unserem Land zu schaden.
Es ist unvorstellbar, dass Aktivisten, sagen wir in Frankreich oder Amerika, von Russland Sanktionen gegen ihre Länder fordern. Auch wenn manche Menschen immer noch nicht verstehen, warum das verrückt und schlecht ist, obwohl es oft erklärt wurde, hat Nikita Michalkow (ein berühmter Regisseur in Russland) bereits einen ziemlich radikalen Vorschlag zu diesem Thema: “Ich bin zum Beispiel absolut davon überzeugt, dass es notwendig ist, den Paragrafen über den Entzug der Staatsbürgerschaft wieder einzuführen. Nicht, um gegen Dissidenten vorzugehen, sie zu zerstören. Nicht, um Menschen zu bestrafen, die gegen Gesetzlosigkeit, Bürokratie, Korruption und so weiter protestieren. Das alles gibt es und es muss bekämpft werden. Aber nicht durch die Zerstörung des Landes. Und wenn es beispielsweise einen Appell an westliche Länder gibt, Sanktionen gegen das eigene Land zu verhängen, dann ist das ein Grund zu sagen, meine Freund… Ich bin absolut davon überzeugt, dass das absolut genau formuliert werden sollte, damit kein Missbrauch möglich ist. Das muss klar festgelegt werden.”
Übrigens wird der Entzug der Staatsbürgerschaft von Großbritannien ziemlich routinemäßig praktiziert. Das geschieht in der Regel ohne viel Wirbel in der Öffentlichkeit, aber der letzte Fall, der im Sommer 2019 bekannt wurde, betraf Jack Letts oder, wie er in der Presse genannt wurde, “Dschihad Jack”. Ihm wurde sein britischer Pass entzogen, weil er an der Seite von Terroristen in Syrien gekämpft hat.
Übrigens wurde die Praxis der Aberkennung der Staatsbürgerschaft im Vereinigten Königreichs von Theresa May intensiviert. In ihrer Zeit als Innenministerin gab das Ministerium diese offizielle Erklärung ab: “Die Staatsbürgerschaft ist ein Privileg, kein Recht. Innenministerin Theresa May wird sie jedem entziehen, der nicht im öffentlichen Interesse handelt.”
Nikita Michalkow schlägt vor, diese Logik auch in Russland anzuwenden. Er hat das Recht, seine Meinung zu äußern. Andererseits ist das Verhalten der Briten nicht unbedingt ein Vorbild für uns. Und ich persönlich bin mir nicht sicher, ob der Entzug der russischen Staatsbürgerschaft ein passendes Mittel ist. Auch die sowjetische Erfahrung in dieser Sache ist schwierig. Sollen wir dazu zurückkehren? Aber ich persönlich bin davon überzeugt, dass jemand, der seinem Heimatland vorsätzlich Schaden unter Beteiligung ausländischer Mächte zufügt, bestraft werden sollte. Zum Beispiel im Strafrecht. Das Thema steht zur Diskussion.
So oder so, die russische Gesellschaft, die die Vorgänge der letzten anderthalb Monate durchgemacht hat, mit bösartigen Fälschungen klargekommen ist, ausländische Einmischungen erkannt hat, Straßenproteste durchgemacht hat und die Einsätze unserer Polizei mit denen der Polizei im Ausland vergleichen konnte, Ordnung und Stabilität als Vorbedingung der Entwicklung ansieht und gerade Covid besiegt, dass diese russische Gesellschaft nach all dem reifer und gefestigter geworden ist. Das ist wichtig für die Zukunft.
Ende der Übersetzung